Fahrten 2004

Lokeinsatz 2004 der 012 100-4

(Autor: Volker Siewke)

Den Jahreswechsel 2003 – 2004 (v)erlebte die Lokomotive im DLW Meiningen, wo einige Bedarfsreparaturen ausgeführt, sowie eine moderne Zugsicherungsanlage der Bauform „PZB 90“ eingebaut wurde. Als Fertigstellungstermin wurde der 12. Februar festgelegt, denn zwei Tage später stand bereits die erste Fahrt des DB Nostalgieprogramms 2004 auf dem Einsatzplan. Die Arbeiten in Meiningen sind in bester Qualität und fristgerecht ausgeführt worden, eine Nacharbeit war nur in einem besonderen Fall von Nöten, doch dazu später in der Chronologie. Nach einer Probefahrt am 11. Februar auf der Strecke Meiningen – Eisenach konnte die Lok zum vereinbarten Termin von unserem Lokpersonal übernommen und nach Hannover überführt werden. Dort stand uns – und das wohl zum letzten Mal – der Ostschuppen des ehemaligen Bw Hannover zur Unterstellung unserer 012, sowie der Heizlok 215 122-3 zur Verfügung. Unser Schlafwagen zur Unterbringung des Personals konnte im Betriebsbahnhof „Pferdeturm“ abgestellt werden.

Am 14. Februar bespannte die Maschine dann den Sonderzug „Wilhelm Schmidt“ von Hannover nach Wernigerode. Ursprünglich sollte diese Fahrt wie bereits im Vorjahr nach Gernrode zur Selketalbahn führen, doch der Schienenverkehr auf der Strecke Quedlinburg – Frose wurde zwischenzeitlich nach einem Stellwerksbrand eingestellt. Aus diesem Grund verkehrte besagter Zug nach Wernigerode mit Anschluss an einen mit der 99 222 bespannten Sonderzug der HSB nach Benneckenstein. Dort ist Wilhelm Schmidt, dem Erfinder des Überhitzers (und somit der Heißdampflokomotive!) und Namensgeber für unsere Sonderfahrt ein Denkmal gesetzt. Mangels Abstell- und Drehmöglichkeiten in Wernigerode fuhr unser Zug als Lr weiter nach Halberstadt. Die 012 wurde über die Verbindung Spiegelsberge – Wegeleben für die Rückfahrt nach Hannover gewendet. Zum Leid des Lokpersonals (und der Lokomotive!) trat während dieser Fahrt ein technisches Problem auf: Die Überhitzung, also die Heißdampftemperatur betrug zeitweise fast 480 °C, ein viel zu hoher, und von Wilhelm Schmidt gewiss nicht gewollter Wert, welcher die Schmierfähigkeit des Heißdampföls zu überfordern droht. Da die Überhitzerelemente im DLW Meiningen erst komplett erneuert worden sind, wurde eine Nacharbeit hierzu in der Form erforderlich, dass einfach 5 Ü-Elemente entfernt und deren Anschlüsse am Dampfsammelkasten mit Kegeln dichtgesetzt worden sind.

Nur eine Woche später wurde die 012 100-4 erneut angeheizt, dieses Mal stand Paderborn als Ziel auf dem Programm. Der Sonderzug „Weserbergland“ befuhr auf der Hinreise von Hannover Hbf in die Domstadt Paderborn die Strecke über Hameln und Altenbeken. Die Rückfahrt führte, nachdem die Lok über ein Gleisdreieck in Altenbeken gedreht wurde, wiederum über das Altenbekener Viadukt und durch den Rehbergtunnel, dann jedoch über Ottbergen und Kreiensen auf die Nord-Süd Strecke retour nach Hannover.  

 

Dankenswerterweise gestattete uns die Firma Railion Deutschland die Unterstellung unserer 012 im Ostschuppen über den 29. Februar hinaus bis zu ihrem dritten Auftritt am 20. März in Hannover, denn zu diesem Termin endete dort die Lokomotivunterhaltung und wurde nach Seelze verlagert. An jenem 20. März ging es aber noch einmal auf „große Fahrt“, und zwar über Minden, vorbei an der Porta Westfalica, und weiter über Löhne und Osnabrück auf die legendäre „Rollbahn“ durch den Lengericher Tunnel nach Münster (Westf.). Die Rückfahrt erfolgte auf einer Strecke, auf welcher die Baureihe 01.10 – und explizit die damalige 01 1100 während ihrer Stationierung beim Bw Kassel – jahrelang planmäßig eingesetzt war: Die Verbindung vom Ruhrgebiet – Kassel über Hamm, Soest und Paderborn. Ein weiteres Mal musste die 012 100-4 somit die Steigung von Paderborn nach Altenbeken bezwingen, bevor es über die topografisch ebenfalls hoch anspruchsvolle Strecke Langeland – Hameln wieder zurück nach Hannover ging. Am Folgetag hieß es leider für Lok und Personal, Abschied von unserem – sich mittlerweile zur 2. Heimat etablierten – Bw Hannover-Ostschuppen zu nehmen, wo sich insbesondere zu Werkmeister Manfred Hillmann und seinen Kollegen ein unter Vollbluteisenbahnern durchaus übliches freundschaftliches Verhältnis geprägt hat. Mit dem beachtlich ausgelastetem Lr 92636, bestehend aus unserem Transitzug, dem Schlafwagen, sowie der am Zugschluss angehängten, jedoch nicht mitarbeitenden 215 122-3 bewältigte die 012 100-4 die 188 Kilometer von Hannover-Pferdeturm nach Langenfelde im Schnellzugtempo. Noch am selben Abend traf die Lokomotive schließlich nach mehr als dreimonatiger Abwesenheit wieder in ihrem Heimat-Bw Neumünster ein.

Gleich eine Woche nach ihrer Rückkehr aus Meiningen und Hannover stand zum Saisonauftakt 2004 am 27. März die bereits in den Vorjahren gut angenommene Fahrt von Hamburg Hbf nach Eckernförde auf dem Programm. Bei tollem Frühlingswetter bot dieser Einsatz unserer Lokomotive den Fahrgästen wieder eine gelungene Kombination aus flotter Fahrt im Schnellzugtempo (Hamburg – Kiel u.z.), sowie eindrucksvoller Kraftentfaltung (Kanalhochbrücke Levensau). 

Ebenfalls gute Resonanz fand die zweite Fahrt aus dem DB-Nostalgieprogramm 2004 am 10. April von Hamburg zur „Ersten Deutschen Museumseisenbahn“ in Bruchhausen-Vilsen. Die 012 100-4 bespannte den Transit-Schnellzug bis Eystrup, wobei die Reiseroute über Maschen (die Strecke Hmb.-Harburg – Hittfeld – Buchholz wurde wenige Tage zuvor zwecks Grundsanierung voll gesperrt), Rotenburg/Wümme und Verden/Aller führte. Weil die Weserbrücke westlich von Eystrup die schwergewichtige 012 nicht zu tragen vermag, übernahm eine Diesellok der „Verkehrsbetriebe Grafschaft Hoya“ (VGH) den Zug bis Bruchhausen-Vilsen. Dort konnten unsere Fahrgäste in einen dampfbespannten Schmalspurzug nach Asendorf umsteigen. Auf der Rückfahrt wurde der Zug von Eystrup bis Langwedel abermals von der VGH-Lok gezogen, wobei die 012 100-4 am Zugschluss angehängt war. So konnte auf ein Drehen bzw. Wenden der 012 verzichtet werden, denn in Langwedel wurde „Kopf gemacht“ und vorwärts via Soltau, die Heidebahn und abermals über Maschen retour nach Hamburg Hbf gefahren. 

Am 08. Mai stand einer unserer Klassiker auf dem Zettel, der „Zugvogel“ von Hamburg Hbf über die Vogelfluglinie und den Fehmarnsund nach Puttgarden. Werner Koop, urgesteiniger Eisenbahner aus Burg auf Fehmarn stand uns wieder mit Rat und Tat beim betrieblichen Ablauf dieser Fahrt zur Seite, sodass bis auf das miese Wetter an diesem schönen Tagesausflug von niemanden etwas auszusetzen war. 

Ohne die drei geschilderten Fahrten gering bewerten zu wollen, aber der 20. Mai, diesjähriger Himmelfahrtstag, stellte weitaus höhere Anforderungen nicht nur an die 012 100-4 und ihr Lokpersonal, sondern ebenso an unsere Fahrgäste: Auf Zeigersprung um 05:40 Uhr erteilte der Aufsichtsbeamte an Gleis 12 in Hamburg Hbf dem aus 9 Schnellzugwagen gebildeten „Schimmelreiter“ den Abfahrtsauftrag „Zp 9“, danach ging es in weniger als 3 Stunden mit Zughalten in Pinneberg, Elmshorn, Itzehoe, Heide, Husum (Wechsel von Lokpersonal Bw Hmb.-Altona auf Bw Husum) bis Niebüll und nach Kreuzung mit einem Gegenzug weiter über den Hindenburgdamm nach Westerland/Sylt. Der Fahrplan dieses Zuges war unter sehr schwierigen betrieblichen Rahmenbedingungen von der DB Netz AG in Hannover konstruiert worden und verbat uns jegliches Zusetzen von Fahrzeit mit der Folge von Verspätungen anderer Reise- und speziell auch Autozüge im Übersetzverkehr Niebüll – Westerland/Sylt. Für das unchristlich frühe Aufstehen wurden unsere Fahrgäste mit einer eindrucksvoll flotten Fahrt im Schnellzugtempo und standesgemäß klassisch schleswig-holsteinischem Frühsommerwetter belohnt. 

Aber es gibt kaum etwas, was nicht zu toppen wäre. Am 19. Juni, vier Tage nach erfolgter Kesselwäsche unserer 012 100-4, ging es wieder von Hamburg an die See, dieses Mal an die pommersche Ostseeküste nach Stralsund. Diese Fahrt erforderte im Vorwege einen außerordentlich hohen Organisationsaufwand: Wegen einer Streckensperrung bei Hagenow Land musste der Zug über Lübeck Hbf umgeleitet werden, wozu der kurzfristige Einsatz unserer 215 122-3 notwendig wurde. In Stralsund sollte unmittelbar neben der „Gorch Fock I“, dem Original Segelschulschiff „angelandet“ werden. Zu diesem Zweck musste dort die Hafenbahn befahren werden, was ein gesondertes Genehmigungsverfahren voraussetzte. Doch solche Anstrengungen können nicht groß genug sein, wenn der anschließende Erfolg hierfür entschädigt, und das war bei dieser Fahrt eindeutig der Fall. Nachdem die Hinfahrt noch bei strömenden Regen stattfand, verzogen sich zur Mittagsstunde die Wolken über Nordostdeutschland, sodass der Aufenthalt am Strelasund ebenso wie die Rückfahrt über Rostock=Warnowbrücke, Bützow, Bad Kleinen und Lübeck zu einem unvergesslichen Erlebnis für alle wurde, die bei dieser Sonderfahrt dabei sein konnten.

Wesentlich unspektakulärer, jedoch ganz und gar nicht ohne individuellen Reiz gestaltete sich am 10. Juli die Fahrt von Hamburg Hbf in die Propstei. Unseren Fahrgästen wurde, wie es einst üblich war, wenn Fernzüge in entlegene Urlaubsgegenden geleitet wurden, in Kiel Hbf der Lokwechsel von der ölgefeuerten Schnellzuglok 012 100-4 auf eine der Baureihe 64 ein wenig ähnelnde Tenderlokomotive geboten, die sodann unseren Zug in gemächlichem Nebenbahntempo über die ehemalige Kleinbahn Kiel – Schönberg zog. So war für eine umsteigefreie Verbindung bis zum Bahnhof Schönberger Strand gesorgt. Welche unserer Fahrten bietet auf einer solch relativ kurzen Fahrtstrecke eine derartige Vielfalt von Eisenbahnerlebnissen? 

Für den 24. Juli war in Programm der DB-Nostalgiereisen eine sehr spezielle Fahrt angeboten worden, welche von Hamburg Hbf über Güstrow nach Neubrandenburg führen sollte. Bei der Planung des Fahrtenprogramms waren sich sicherlich alle Beteiligten im Klaren darüber, dass diese Fahrt kein „Selbstgänger“ werden würde. Daher haben wir seitens unseres Vereins die aufwendige Vorbereitung hierzu sehr viel Freizeit investiert, um so immer noch einen akzeptablen Kostendeckungsgrad herbeizuführen. In einer groß angelegten Aktion wurde ein ansprechendes Werbeplakat entworfen, hergestellt und breit gestreut, das gesamte Zugpersonal erklärte sich bereit, den Dienst an jenem 24. Juli in der Freizeit zu leisten. Dennoch wurde diese Fahrt bei einem Buchungsstand, welcher allemal noch hätte gesteigert werden können, ohne Rücksprache mit unserem Verein von der DB kurzfristig abgesagt. Es dürfte nachvollziehbar sein, dass diese Entscheidung zu einer Verstimmung zwischen den ansonsten sehr konstruktiv kooperierenden Parteien DB und REF geführt hat, welche erst durch ein persönliches Gespräch mit dem Leiter DB Nostalgiereisen Herrn Rethorn beigelegt werden konnte. 

Die Absage der Neubrandenburg-Fahrt führte leider auch zu einer sechswöchigen Stillstandszeit der 012 100-4 mitten in der Urlaubs- und Ferienzeit, als nächster Einsatz stand für unsere Lokomotive die Wiederholung des „Schimmelreiter" am 21. August auf dem Programm, wenn auch nicht als Kopie der Fahrt am 20. Mai, sondern in betrieblich etwas geänderter Form. Bedingt durch Bauarbeiten auf dem Bahnhof Sternschanze verkehrte der „Schimmelreiter" diesmal ab und bis Hmb.-Altona, was als „klassisch" zu bewerten ist, denn die Schnellzüge von und nach Westerland/Sylt wurden früher i.d.R. immer in Hmb.-Altona umgespannt.

Nach dieser ebenfalls sehr erfolgreichen Fahrt auf einer ihrer ehemaligen „Hausstrecken" wurde die 012 100-4 auf einen mehrwöchigen auswärtigen Einsatz im Süden unserer Republik vorbereitet.

Mitten in der Nacht vom 03. zum 04. September ging die Reise los neben der 012 100-4 hatten wir die 215 122-3 auf der Leerfahrt von Neumünster nach Hamburg mitgeführt. Bei dieser Lokomotive war die Revision des Heizkessels fällig, welche im Bw Nürnberg Hbf ausgeführt werden sollte. Auf dem Betriebsbahnhof Langenfelde war der Sonderzug Hannover – Meiningen bereits gebildet und fuhr schließlich als Lr 92649 um 02:26 Uhr mit folgender Bespannung Richtung Hannover ab: Vorspannlok 103 233-3, Zuglok 012 100-4 und Schlusslok 215 122-3! Mit einem langgezogenen Pfiff verabschiedeten sich bei dieser ungewöhnlichen Zugfahrt unsere Lokführer von dem Fahrdienstleiter des Stellwerks „Stz" in Hamburg=Sternschanze. Der Lr 92649 war der letzte Zug, der an dem berühmten Reiterstellwerk vorbeifuhr und von dessen Fahrdienstleiter das Signal auf „Fahrt" gestellt bekam. Unmittelbar nach Durchfahrt unseres Zuges wurde „Stz" abgeklemmt und die Betriebsstelle „Sternschanze" als Bahnhof aufgelassen. Inzwischen ist der fast 100 Jahre alte Backsteinbau, Motiv auf unzähligen Eisenbahnfotos, der Abrissbirne zum Opfer gefallen…

Nach frühmorgendlicher Ankunft in Hannover wurde die 103 vom Zug abgekuppelt, die 012 mit Wasser versorgt und das Getriebe der 215 auf „Schleppfahrt" umgeschaltet. An einem typischen Altweibersommermorgen verließen wir mit unserem gut besetzten Sonderzug die Leinemetropole. Unser Ziel: Das Dampflokwerk Meiningen, welches zum 10. Mal zum großen Dampflokfest eingeladen hatte. Bei dichtem Nebel fuhren wir zunächst auf der unserer Lokomotive bestens vertrauten Nord-Süd Strecke über Elze, Kreiensen (wo sich der Nebel langsam auflöste) Northeim und Göttingen bis Eichenberg=Kurve. Nicht weiter der Nord-Süd Strecke, dafür aber der Leine bis fast an die Quelle dieses Flusses folgend erreichten wir nach 159 Kilometer flussaufwärtiger Fahrt Leinefelde. Zur Qual wurden die letzten 40 Kilometer dieser Etappe, denn der Fahrdienstleiter in Friedland stellte ohne nachvollziehbaren Grund das Ausfahrsignal auf „Rot", in Folge dessen unser Zug zum Halten kam und in der Steigung neu anfahren musste. Nebenbei bemerkt: Aus dem Fenster des Stellwerks grüßte nicht (erkennbar) der Fahrdienstleiter, dafür jedoch eine Schar von Fotografen…)

Durch den außerplanmäßigen Halt in Friedland entstand eine Verspätung bei der Ankunft in Leinefelde von 12 Minuten, die sich bis Mühlhausen, wo ein Wasserhalt eingeplant war, wegen der Betriebsführung auf der nunmehr eingleisigen Strecke auf ca. 30 Minuten erhöht hatte. Im weiteren Fahrtverlauf konnte zwar bis Gotha die eine und andere Minute wieder aufgeholt werden, doch in Wutha, dem letzten Bahnhof vor Eisenach, zeigte das Ausfahrsignal wiederum „Hp 0", und zwar für fast 70 Minuten!!! Als Grund gab der Fahrdienstleiter an, der Bahnhof Eisenach sei wegen der zahlreichen Dampfsonderzüge nach Meiningen überlastet. An eine planmäßige Ankunft in Meiningen war nicht mehr zu denken. Nach einer brachialen Bergfahrt von Eisenach bis Förtha wurde unser Zug an fast jedem Bahnhof längere Zeit aufgehalten was von den meisten unserer Fahrgäste verständlicherweise als Zumutung empfunden wurde. Mit Freigetränken aus unserem Speisewagen wurde versucht, den Ärger der Fahrtteilnehmer in Grenzen zu halten…

In Meiningen angekommen, begaben wir uns mit der 012 100-4 ins Dampflokwerk, denn seit der Durchfahrt in Gothe schlug einer der sechs Auspuffschläge pro Kolbenhub unüberhörbar lauter, als die übrigen fünf. Da wir abends nach Nürnberg ohnehin „nur" als Vorspannlok eingesetzt werden sollten, legte der Betriebsleiter DB Nostalgiereisen Jörg Sekund fest, die Lokomotive für eine Schieberuntersuchung in Meiningen zurück zu lassen. Die Diagnose am übernächsten Tag ergab dann auch, dass am mittleren Kolbenschieber drei Schieberringe gebrochen waren. Am Freitag, dem 10. September konnten wir den „Patienten" wieder abholen und nach Nürnberg überführen, wo die Lokomotive seit mehr als 5 Jahren wieder einmal in ihrer ersten und langjährige Heimatdienststelle nach der Wiederinbetriebnahme 1985 untergebracht wurde.

Im Rahmen des DB-Nostalgieprogramms stand bereits am Folgetag eine Fahrt zum Süddeutschen Eisenbahnmuseum Heilbronn, welches sich im dortigen ehemaligen Bahnbetriebswerk etabliert hat, auf dem Programm. Der Fahrtverlauf führte auf der Hinreise zunächst nach Würzburg, wo der Zug Kopf machte und die Lokomotive auf der Drehscheibe gewendet wurde. Weiter ging es über Lauda, Osterburken und Bad Friedrichshall-Jagstfeld nach Heilbronn. Mehreren tausend Besuchern konnten, nachdem unsere 012 in das Bw eingerückt war, gleich drei Lokomotiven der Baureihe 01.10 Öl nebeneinander präsentiert werden, denn die 012 100-4 (01 1100) wurde äußerst fotogen zwischen ihre Schwestern 01 1081 (012 081-6) und 01 1104 (012 104-6) eingereiht. Wegen einer Streckensperrung bei Öhringen musste für die Rückfahrt ein Umweg über Ludwigsburg in Kauf genommen werden. Von dort aus fuhren wir durch Backnang, Schwäbisch Hall – Hessenthal, Crailsheim und Ansbach zurück nach Nürnberg.

Eine Woche später, am 18. September fand eine ebenfalls sehr gelungene Fahrt nach Regensburg statt. Hinzu fuhren wir durch das Pegnitztal, über Amberg und Schwandorf, retour direkt über Neumarkt. Beide Strecken, insbesondere aber der „Aufstieg aus dem Donautal" zwischen Regensburg Hbf und dem Bahnhof Parsberg forderten der 012 100-4 übrigens (zur Freude unserer Fahrgäste und des Lokpersonals) eine beachtliche Leistung ab.

Gerne hätten wir unserer 012 noch weitere Einsätze in Franken gegönnt, doch leider hieß es schon am 01. Oktober wieder Abschied in Nürnberg nehmen. Die Kesselrevision an unserer 215 122-3 war inzwischen auch vorgenommen worden, und so wurden beider Lokomotiven zusammengekuppelt und unter Führung der Dampflok als Lz 93660 über Ansbach, Würzburg, Sterbfritz (!!!) und Fulda in Richtung Hamburg abgelassen. In Göttingen stellte das Lokpersonal eine unzulässig große Erwärmung des rechten Lagers an der Adamsachse fest, so dass von einer Fortführung der Fahrt bis in das noch 300 km entfernte Hamburg abgesehen wurde. Stattdessen vereinbarten wir mit der „Railion Deutschland AG", den kompletten Radsatz auf der Achssenke in Seelze auszubauen. Nachdem der defekte Radsatz per LKW nach Meiningen transportiert, dort instandgesetzt und in Seelze wieder eingebaut wurde, konnte die 012 ihre Fahrt nach Neumünster wieder fortsetzen. Für die Themenfahrt am 02. Oktober von Itzehoe nach Schwerin musste kurzfristig die Museumslok 110 348-0 einspringen.

Im Oktober standen einige Charterfahrten im Zusammenhang mit der Präsentation des Kinofilms „Polarstern" für die 012 100-4 auf dem Programm, welche jedoch allesamt nach mehrmaligen Umbestellungen abgesagt wurden. Wir sahen das letztlich mit einem weinenden, aber auch mit einem lachenden Auge, denn es stand im Raum, unsere einmalig schöne 012 äußerlich zu „veramerikanisieren", d.h. mit megagroßen Kuhfängern und ebensolchen Scheinwerfern an der Rauchkammer auszustaffieren. Bei insgesamt drei durchweg gut gelungenen Nikolausfahrten konnte die Lokomotive schließlich auch ohne Prominenz aus Hollywood zeigen, zu was sie in der Lage ist. Am 27.11. ging es wie bereits im Vorvorjahr zum Weihnachtsmarkt nach Bremen, hinzu in zügiger Fahrt über die Rollbahn, zurück beschaulich durch die Heide über Langwedel – Soltau (Han) und Buchholz in der Nordheide. Über Nacht wurde die Lok nach einer Wendefahrt über Wilhelmsburg und Rothenburgsort im ehemaligen Bahnbetriebswerk Hamburg Hbf abgestellt, um gleich am nächsten Morgen nach Schwerin aufzubrechen, wo ein ebenfalls attraktiver Weihnachtsmarkt viele Fahrgäste zum Einsteigen in unseren Sonderzug bewogen hat. Für Lokführer Leo Walter war der Dienst an diesem Tag der letzte nach mehr als 43 Dienstjahren. Fahrgäste und Kollegen verewigten sich mit ihrer Unterschrift auf einem Original-Lokschild der 012 100-4, welches Fritz Wolff unserem langjährigen Vereinsmitglied im Beisein seiner Familie nach abendlicher Ankunft in Hamburg Hbf feierlich überreichte.

Die letzte Zugleistung in 2004 hatte unsere 012 schließlich am 04. Dezember vor einem 9-Wagen Zug von Hamburg Hbf über die Güterumgehungsbahn, Pinneberg, Elmshorn, Wrist (Wasserhalt), Neumünster, Kiel=Meimersdorf und Plön nach Lübeck zu erbringen. Die Rückfahrt erfolgte über Bad Oldesloe und wiederum Hamburg Hbf in Durchbindung bis nach Neumünster. Bei der Vermarktung dieses Zuges, der von unserem Verein bei der DB gechartert war, unterstützte uns auf sehr professionelle Weise die Firma S.W.A.M.P. aus Hamburg, mit der Folge, dass die Fahrt von mehr als 650 (!!!) Personen gebucht wurde und so auch kommerziell zu einem großen Erfolg für alle Beteiligten (DB, Verein und S.W.A.M.P.) führte.

Am Sonntag dem 05. Dezember fand das traditionelle Weihnachtsfest im Bw Neumünster statt, bei dem die 012 unter Dampf zu bewundern war. Zum eigentlichen Nikolaustag am 6. Dezember hatten wir noch einen Kindergarten aus Neumünster zu Gast. Die Kleinen wurden „standesgemäß" mit der 012 und unserem Speisewagen vom Bahnhof abgeholt und in den Standort des DB Museums „chauffiert", das ganze bei Spaghetti mit Tomatensauce, Kakao, Keksen und Schokoladenweihnachtsmännern. Nachdem die Kiddies brav „Tschüss" gesagt hatten, ging es gegen Nachmittag auf große Reise, denn das DB Museum hat beim Dampflokwerk Meiningen die vorgezogene Kesselhauptuntersuchung für die 012 100-4 in Auftrag gegeben. Bis Göttingen war an diesem Tag der Fahrplan eingelegt, unsere Lokführer Bodo Gifhorn und Thomas Boldt wurden begleitet von den Vereinsmitgliedern Eike Snoyek und Olaf Zwandulla. Nach einer „Übernachtung" im schneidend kalten Speisewagen (Ölheizung defekt!), welcher quasi als Begleiterwagen mitlief, erreichte unsere Lokomotive am Folgetag gegen 11:00 das für sie seit nunmehr 12 Jahren zuständige Unterhaltungswerk in Thüringen.

Für das Neue Jahr 2005 steht ein weitaus umfangreicheres Programm als 2004 an und unser Verein teilt mit der DB die Hoffnung, dass es dadurch insbesondere durch die Forcierung des Marktsegmentes „Charterfahrten" und einem verbesserten Marketing des Produkts „DB-Nostalgiereisen" zu einer deutlich höheren Jahreskilometerleistung kommen wird, als in diesem Jahr, wo lediglich 9681 Km gefahren wurden. Aber, und das sollte uns alle zufrieden stimmen: Das ganze bei nur einer einzigen technischen Störung…